1a Pinot von der Saar!
2009 Weingut Dr. Siemens Pinot Blanc (Weißwein, Deutschland)
Die ausländische Weinkritik hat schon lange bemerkt, dass Deutschland die besten Rieslinge der Welt produziert. Dieses Renommee überstrahlt aber allzu gerne die Qualität von anderen, hervorragenden Weinen aus deutschen Landen. So war es für den Weinlakai eine Genugtuung in der Januar-Ausgabe des Parker-Blattes „Wine Advocate“ zu lesen, dass auch einige andere Rebsorten mehr als passabel abschnitten. Dem deutschstämmigen David Schildknecht war der heute empfohlene Weißburgunder (Pinot Blanc) satte 90 Punkte wert. Eine erstaunlich gute Bewertung für einen deutschen Nicht-Riesling. Doch es kommt noch besser: Der Weinlakai hat einen Händler recherchiert, der den Wein für sensationelle 6,90 EUR pro Flasche anbietet. Natürlich habe ich den Wein vorab verkostet und muss die Bewertung von 90 Punkten unterstreichen. Er ist frisch, kraftvoll, herrlich aromatisch und nicht zuletzt etwas für Weintrinker, die eine Abwechslung von dem säurebetonten Stil eines Rieslings suchen.
Weißburgunder oder Pinot Blanc stammt ursprünglich aus Frankreich und ist genetisch betrachtet eine Kreuzung aus Pinot Noir (Spätburgunder) und Pinot Gris (Grauburgunder). Lange Zeit dachte man, Chardonnay und Pinot Blanc seien identische Rebsorten. Erst DNA-Analysen brachten nach Jahrzehnten eine Klärung: Trotz des deutschen Namens „Weißburgunder“ ist Pinot Blanc im Burgund nicht das Gegenstück zum roten Pinot Noir (Spätburgunder). Denn hier war nach dem erfolgten DNA-Test klar, dass man schon lange auf den vermeintlichen Zwilling Chardonnay setzte.
In der Tat sind diese zwei Rebsorten aber sehr ähnlich und werden in der Regel auch sehr ähnlich vinifiziert. Dabei könnte der Unterschied zu einem säurebetonten Wein, wie z.B. einem Riesling, kaum größer sein.
Ein Weißburgunder ist in der Regel recht körperreich, hat ein eher „dumpfes“ Aromaspiel (Birnen, Melone etc.) und eine eher zurückhaltende Säure. Letzteres auch häufig deshalb, weil die Weine durch die sogenannte malolaktische Gärung gehen.
Ein Prozess, der bei fast allen Rotweinen Anwendung findet und bei dem die eher spitze Apfelsäure in die weichere Milchsäure umgewandelt wird. Ein Vorgang, auf den man z.B. bei einem Riesling tunlichst verzichten sollte, da sich die Rebsorte über ihre frische und spritzige Säure förmlich definiert.
Stilistisch sind Weißburgunder also häufig einem Rotwein gar nicht unähnlich. Nicht zuletzt, da bei der Herstellung nicht selten Holz zum Einsatz kommt.
Daher ist es auch kaum verwunderlich, dass ein Chardonnay oder ein fassausgebauter Weißburgunder sehr oft das Herz bzw. den Gaumen von konsequenten Rotweintrinkern gewinnen kann.
Heutige Empfehlung ist ein vergleichsweise frischer Weißburgunder, da er lediglich in großen Holzbottichen und Edelstahl ausgebaut wurde und nicht etwa in kleinen Eichenfässern. So ist er für mich noch genug Sommer- und Terrassenwein, also nicht zu schwer und körperreich, aber eben doch ein ganz anderer Vertreter als Pinot Grigio, Riesling und Co.
Da ich mich selbst eher als Rotweintrinker bezeichne, haben es Weißweine bei mir nicht ganz leicht. Sie müssen mich aromatisch beeindrucken und dürfen nicht zu viel Säure im Abgang hinterlassen. Trotzdem müssen sie eine eindeutige, weiße Identität haben – schließlich unterscheiden sich häufig Anlass, Jahreszeit und Essensbegleitung von dem Genuss eines roten Vertreters.
Dr. Siemens führt das südlichste Weingut der Saar (Teil des Anbaugebiets Mosel) und verfügt über 10 Hektar Rebfläche. Auf sieben Hektar wird Riesling angebaut und erst seit 2008 wird Weißburgunder produziert, der sich auf lediglich einem Hektar den Platz mit Auxerrois teilen muss.
Der heutige Wein beweist, dass sich dieser Ausflug in ungewohnte Rebsortengefilde gelohnt hat. Zudem ist der Weißburgunder von Dr. Siemens alles andere als ein Massenprodukt. Nicht nur die hohen Qualitätsansprüche bei der Weinherstellung limitieren die produzierte Stückzahl, auch die kleine Rebfläche schafft eine Art natürliche Begrenzung. So ist der Wein nicht nur gut, sondern auch als durchaus rar zu bezeichnen.
Der Pinot Blanc von Dr. Siemens hat meinen persönlichen Test vollends bestanden und die Bewertung von 90 Punkten ist in Anbetracht des günstigen Preises wirklich phänomenal. Hier sollte sich jeder Leser mit dem versandkostenfreien 12er-Paket schon einmal eine Absicherung für gelungene Sommertage ins Haus holen.
Und eines ist klar: man sollte schnell zugreifen. Der genannte Händler hat zwar 2.000 Flaschen auf Lager, doch wäre es nicht das erste Mal, wenn sich der Wein aufgrund seines Preis-/Punkteverhältnis bereits nach wenigen Tagen ausverkaufte.
Auge: Leuchtendes Strohgelb.
Nase: Apfel, Birne, unreife Haselnüsse, Zitrone und Honigmelone.
Gaumen: Frisch und fruchtig mit delikater Extraktsüße. Im Zusammenspiel mit der Mineralität im Abgang wirkt der Wein sehr vielseitig. Leichte Bitternote.
Sonstiges: Enthält 12% Vol. Alkohol. Bis 2014 zu trinken.
90 Punkte
(Quelle: Wine Advocate, David Schildknecht, Januar 2011)
Meine Einkaufsempfehlung:
Weinhaus Scholzen (ca. 2.000 Flaschen auf Lager)
6,90 EUR/Fl. (Versandkosten 6,- EUR)
Zudem: 12 Fl. versandkostenfrei (82,80 EUR)
AUSVERKAUFT!
Stand: 05.05.2011
Der Weinlakai übernimmt keine Verantwortung für die angegebenen Händler.
Händler können gerne günstigere Angebote (inkl. Versandkosten) als Kommentar posten. Rein werbliche Posts werden sofort gelöscht.
Gibt’s auch als 1L-Flasche. Dann nochmal günstiger (trotz Versandkosten).
Heute angekommen und sofort kaltgestellt. Gerade in kleiner Runde mal angetestet:
Moussiert zu Beginn relativ stark, was aber dem Geschmack keinen Abbruch tut. Fruchtig, wenig Säure, im Abgang Ananas und Mango. Preis / Leistung OK.
Beim angegebenen Händler kann ich auch den „Le Sauvage“ empfehlen. Schöner, deutscher Sauvignon Blanc, etwas anderes als die sehr bombastischen Neuseeländer.
Wollten Sie nicht alle 3-4 Wochen einen neuen Wein vorstellen?
Mea culpa an alle Leser. Ich war in den letzten Wochen aus privaten Gründen verhindert. Die nächsten Empfehlungen sind aber bereits in der Pipeline.
Bitte bleiben Sie mir gewogen.
Cheers
Der Weinlakai
Und wo bleiben die Bordeaux 2010 Anmerkungen? Oder ist es da besser sich rauszuhalten, denn bei den Preisen kann man nur sagen die spinnen die Gallier! Und die meisten deutschen Haendler auch.