Bordeaux 2009: die ultimative Empfehlung!
2009 Château La Vieille Cure (Rotwein, Frankreich)
In der aktuelle Ausgabe des Wine Advocate schwärmt Robert Parker über die hohe Qualität des erst vor Kurzem auf die Flasche gefüllten Bordeaux-Jahrgang 2009. Dieser Bericht sorgte für solch immense Aufmerksamkeit, dass die Website des Advocate zeitweise völlig zusammenbrach. Unglaublichen 19 Weinen verlieh Parker die „volle Punktzahl“ von 100. Im Vergleich: Im international hochgelobten Jahrgang 2005 waren es gerade einmal zwei 100-Punkte-Weine. Leider bringt dieser Hype und die schon seit Jahren vorherrschende Preisentwicklung im Bordelais einen großen Nachteil mit sich: Es gibt so gut wie keine Weine mehr, die ein wirklich attraktives Preis-/Leistungsverhältnis bieten. Die mit 95 bzw. 18 oder mehr Punkten dekorierten Weine bewegen sich meist ausserhalb des Irdischen und es werden drei- bis vierstellige Eurobeträge eingefordert. So ist die heutige Weinlakai-Empfehlung eine Riesenausnahme und nur bei dem genannten Händler für noch unter 20,- EUR zu bekommen.
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Wenig überraschend möchte ich zugeben, dass ich recht viel Wein trinke bzw. professionell ausgedrückt „verkoste“. In diesem Zuge kommen mir die unterschiedlichsten Gewächse ins Glas, mal weniger gut, mal hervorragend. Dabei erfreue ich mich immer an der Tatsache, dass kein Wein gleich schmeckt. Zu stark ist der individuelle Einfluss durch die Rebsorte, das gebietsspezifische Klima, den Boden und natürlich der menschlichen Komponente im Weinberg und -keller.
Allerdings gibt es nicht selten eine Verwandtschaft in Machart und Stilistik von Weinen. Sehr ausgeprägt ist diese „Familienzugehörigkeit“ bei Weinen aus dem Bordeaux. Auch wenn man die Weine streng genommen in zwei Kategorien einteilen muss – Cabernet-Sauvignon-geprägte Weine und Merlot-geprägte Weine – so ist der Stil und Charakter immer unverkennbar.
Bei mir persönlich löst das Verkosten eines guten Bordeaux ganz besondere Gefühle aus. Solche Weine sind etwas ganz Spezielles, sie befinden sich in einer völlig eigenen Dimension und das Adjektiv, das mir bei einem hochwertigen und gut gemachten Bordeaux immer in den Sinn kommt ist vornehm.
Die Weine zeichnen sich durch Anmut und Zurückhaltung aus, ohne dabei langweilig zu sein. Ganz im Gegenteil: Sie strahlen ihre Qualität so subtil und zugleich unmissverständlich aus, dass es an Arroganz grenzt. Und man stellt sich unweigerlich die Frage, wie es diese Weine schaffen ihre Größe so beiläufig zu vermitteln.
Für mich liegt die Antwort in dem mächtig überstrapazierten Begriff „Balance“. Nur wenn ein Wein ohne einen vordergründigen und sofort identifizierbaren Charakter daherkommt, kann er balanciert bzw. elegant wirken. Es sind keine Fruchtbomben, keine Alkoholbrenner oder Tanninmonster, es sind feingliedrige Weine mit wohl dosierten Anteilen aller wichtigen Weinattribute.
Nun hoffe ich, dass meinen Lesern mittlerweile aufgegangen ist, dass ich nicht nur über Bordeaux im Allgemeinen spreche, sondern auch von dem heute empfohlenen Château La Vieille Cure aus 2009. Er ist ein wunderbares Exemplar der eben beschriebenen Charakterzüge und verzaubert bereits nach dem ersten Schluck.
Der Wein stammt aus der Appellation Fronsac und gehört somit zum so genannten „rechten Ufer“ (der Gironde bzw. Dordogne), das für Merlot-dominierte Weine steht. Meist im Verschnitt mit Cabernet Franc und häufig auch einem kleinen Teil Cabernet Sauvignon und/oder Malbec.
D.h. im Gegensatz zu den Weinen des „linken Ufers“, die zum größten Teil Cabernet Sauvignon enthalten, ist der La Vieille Cure weniger von den typischen Noten schwarzer Johannisbeeren und „Zigarrenkiste“ geprägt, sondern spielt hier vielmehr eine deutliche Aromatik von roten Beeren eine Rolle.
Nachdem Parker dem Vieille Cure in seiner Bewertung „vom Fass“ zunächst 90-93 Punkte gab, bewertete er ihn nun abschließend mit 93 Punkten und bezeichnet den Wein als „sleeper of the vintage that considerably over-performs for its modest price“ und schließt mit den Worten „this is an obvious great value!“.
Die Appellation Fronsac gehört zwar momentan nicht zu den großen prestigeträchtigen Appellationen im Bordeaux, doch war dies bis weit in das 19. Jahrhundert ganz anders. Damals war Fronsac sogar bedeutender als der direkte Nachbar Pomerol. Durchaus erstaunlich, wenn man bedenkt, dass Pomerol u.a. den wohl exklusivsten und teuersten Wein des Bordeaux überhaupt hervorbringt: Château Pétrus.
Die Weinberge des Château La Vieille Cure tauchen bereits auf einer Karte von 1780 auf und als das Weingut 1986 durch einen Bordeaux-Liebhaber gekauft wurde, stand für ihn sofort fest, dass auf diesem historischen Boden großes Potential liegt.
Seitdem wurde das Château aufwendig renoviert, die Kellerei auf den aktuellsten Stand der Technik gebracht und die Weinberge zum Teil neu bepflanzt. Die Rebstöcke haben dennoch ein Durchschnittsalter von 40 Jahren und sind so in der Lage extraktreiche Beeren mit toller Konzentration entstehen zu lassen.
Es wird ausschließlich von Hand geerntet und es erfolgt eine zweifache Sortierung (vor und nach dem Abbeeren). Die Mazeration des Weines dauert ca. einen Monat und anschließend wird er drei Wochen in Edelstahltanks vergoren. Die malolaktische Gärung findet dann bereits in kleinen Eichenfässern statt.
Der Wein kostet anderswo bereits 25,- Euro und so erhalten meine Leser mit dieser Empfehlung die rare Möglichkeit, einen tollen Bordeaux aus einem sensationellen Jahrgang zu erwerben. De facto ist mir kein 2009er Bordeaux untergekommen, der ein so gutes Preis-/Genussverhältnis bietet.
2009 Château La Vieille Cure (Rotwein, Frankreich)
Auge: Dichtes Rubinrot/Violett.
Nase: Rote Merlot-Frucht vermischt mit Noten von Kohle, schwarzen Himbeeren, schwarze Johannisbeeren, Bleistiftspäne und Trüffel.
Gaumen: Voller Körper, rein mit schöner Textur und Vielschichtigkeit.
Sonstiges: Besteht aus 74% Merlot, 22% Cabernet Franc und 4% Cabernet Sauvignon. Bis 2027 zu trinken.
93 Punkte
(Quelle der Bewertung: Wine Advocate, Robert Parker, Februar 2012)
Meine Einkaufsempfehlung:
Pinard de Picard
18,60 EUR/Fl.
(5,- EUR Versandkosten, ab 200 EUR frei)
AUSVERKAUFT!
Stand: 28.03.2012
Der Weinlakai übernimmt keine Verantwortung für die angegebenen Händler.
na endlich, ich sage schon seit meiner fruehen Kindheit, und nun bin ich ein alter Mann:
Bordeaux ist, sowie weiss als auch rot, der beste Wein der Welt.
Vive le Bordelais.
Vielen Dank für diese spannende Empfehlung, ich habe mir dann mal sech Flaschen von dem Tropfen geordert und bin sehr gespannt. Ich frage mich nur, ob es nicht ein Frevel ist, den Wein jetzt schon zu trinken…? Eigentlich sollte der doch noch so einige Jahren im Keller schlummern, oder?
Die Trinkreife würde mich auch interessieren. In den üblichen Publikationen und Einschätzungen steht da je nach Verkoster irgedwas zw. 2014 und 2017.
In jedem Fall sollte man die Flaschen wohl noch etwas liegen lassen…
@Björn/Gobenn71
Ich persönlich halte den Wein bereits jetzt für sehr gut trinkbar.
Ich verkoste Weine immer direkt nach dem Öffnen und dann nochmals nach längerer Dekantierzeit (häufig am nächsten Tag). Der Vieille Cure präsentierte sich bereits nach dem Entkorken sehr offen und profitierte nicht allzu sehr von dem zusätzlichen Sauerstoff.
Junge Weine, insb. Bordeaux, verfügen aber häufig über diese Zugänglichkeit direkt nach der Abfüllung. Man spricht von der „Fruchtphase“. Diese hält nur eine gewisse Zeit an bevor sich der Wein verschließt und erst einige Jahre später diese Offenheit zurück gewinnen.
Ob dies auch für den Vieille Cure gilt lässt sich schwer prognostizieren. Meinem Gefühl nach handelt es sich bei dem Wein eher um einen „offenen“ Vertreter, der sich in den nächsten 10-15 Jahren zwar noch weiterentwickeln wird, aber über die gesamte Zeit Trinkspaß bieten wird.
Daher mein Rat: Mind. 6 Fl. kaufen, ein bis zwei Flaschen sofort bzw. in der näheren Zukunft probieren und dann in Ein- bis Zwei-Jahres-Abständen nochmals testen. Aus meiner Sicht der einzige Weg, um sicher zu wissen, was mit dem Wein während der Reife passiert.
Cheers
Der Weinlakai
@Tobias
Danke für deine Ausführungen zur Trinkreife. Schön, dass der Wein auch jetzt schon gut trinkbar ist. Und dann mal schauen, wie er sich in den nächsten Jahren so entwickelt. Vielleicht sollte ich doch noch mal 6 Flaschen nachodern…
Ich habe eine Flasche Vieille Cure 2009 vor kurzem (Nov 2014) von einem Internet-Weinhändler bezogen.
Direkt nach dem öffnen zeigte der Wein eine mehr als verhaltene Nase, d.h. fast keinerlei Fruchtaromen. Geschmacklick setzte sich der Eindruck fort, sehr verschlossen, ein ganz wenig rote, helle Frucht (Kirsch ?) auch eine kühle Eleganz und elegante Struktur war nur mehr zu erahnen. Da ich den Wein fuer >25 EUR erstand, sortierte ich ihn zunächst in die Kategorie „reingefallen, schlechtes Bordeaux Preis/Leistungsverhältnis ein“.
Der Wein öffnete sich aber mit ein wenig Luft in der wieder verkorkten Flasche nach 1 Tag. Es sind leichte Fruchtaromen in der Nase. Nunmehr eher ein wenig dunkle Beeren. Eleganz und gute Struktur ist vorhanden, jedoch im Abgang mit einer gewissen Rauhigkeit (grobkörniges Gefühl, unrunde Tannine ?). Es sind auch Rosinenaromen vorhanden (überreife Beeren ?) bzw. der subjektive Eindruck eines hohen Alkoholgehaltes, doch es sind nur 14.5% laut Etikett. Ich habe gelesen dies sei Jahrgangstypisch.
Auf der positiven Seite: Elegant, gute Struktur. Nach entsprechender Luftzufuhr ein eleganter, feinsinniger Begleiter zum Essen – in seiner Preiskategorie.
Das ist eher wie ein eleganter Bike-ride mit einer Harley auf rauhem Asphalt in kühler Morgenluft, als das Klassik-Freiluftkonzert am See in kühler Abendbrise (Sorry fuer den hinkenden Vergleich…;) ).
Einerseits habe ich den Eindruck der Wein zeigt bereits Alterungserscheinungen (für mich negativer Art), ist andererseits aber derzeit noch verschlossen. Ich kann mich da nur dem Weinlakai anschliessen…in Abständen probieren.