Vier Weingüter haben wir heute besucht und vier unterschiedliche Philosophien des Weinmachens kennenlernt. Eine jede davon hat ihre Berechtigung, stellen sie doch allesamt den Versuch dar, die Besonderheiten der Lagen in markante, charakterstarke Weine zu übersetzen.
Welche Dynamik dabei ein alteingesessener Familienbetrieb entwickeln kann, belegt unsere Begegnung mit Christophe Coste von der Domaine de la Charité.
Rund um das idyllische Saze besitzt die Familie rund 40 Hektar in den Appellationen Signargues, Côte du Rhône Villages sowie seit kurzem und nicht ohne Stolz vorgebracht: wenige Hektar Châteauneuf-du-Pape. Trotz aller Bescheidenheit, meint Christophe Cost, dort einen echten Châteauneuf-du-Pape zu machen, gerade weil er auf zuviel Tannin und auch weniger Grenache einsetze.
Bei allem Bewusstsein für die Appellation sind es doch Frische und Eleganz, die Christophe Cost, für seine Weine vorschweben – insbesondere beim Weißen. Der war noch zu Zeiten seiner Großeltern und Eltern ein simples Nebenprodukt ohne größere Bedeutung. Der Enkel will mehr daraus machen. Dabei setzt er auch auf die Vielfältigkeit, welche aus den ganz unterschiedliche Böden rund um Saze erwächst, und die seinem Bestreben nach Mineralität entgegenkommt.
Der Name Domaine de la Charité leitet sich im übrigen von einem Weingarten ab, der früher vom ansässigen Adel den kleinen Leuten aus Barmherzigkeit zur Verfügung gestellt wurde. Die Familie Cost wusste den Bestand an Reben zu erweitern, indem Weidestücke, die noch der Großvater als Schäfer bewirtschaftet hatte, Stück um Stück mit Reben bepflanzt wurden.
Von 0 auf 400
Mit einer weiteren Flasche für unsere Nachverkostung im Gepäck machen wir uns anschließend in eine neue Appellation, die noch nicht recht weiß, ob sie mit ihrem frisch getauften Anbaugebiet glücklich sein will. Der Weg nach Visan führt nordwärts und hält uns den Mont Ventoux fast die ganze Zeit vor Augen. Zur Domaine Coste Chaude von Marianne Fues und ihrem Mann finden wir über eine schmale Straße die hinauf auf 400 Meter führt und uns einen unglaublichen Blick in die Rhône-Ebene beschert.
Vor gut 20 Jahren erwarben die beiden Schweizer das Weingut und Marianne investierte viel Energie und Beharrlichkeit, um zu den Weinen zu gelangen, die wir heute verkostet haben. Eine Wegstrecke, die nicht immer einfach war, wie uns die sehr bodenständige anschaulich berichtet. Immerhin 24 Hektar in luftiger Höhe nennen die beiden Schweizer ihr Eigen, wo sie mit den einschlägigen Rebsorten Grenache und Syrah sowie mit Bio zertifiziertem Handwerk ihre Weine machen.
Auch Marianne Fues beschreibt ihren Weg zu Frische und Mineralität, berichtet über die Erfahrungen, die sie mit dem Ausbau im Fass – früher klassische Barriques, heute im Demi Muids, denen wir in diesen Tagen immer wieder begegnet sind. Schlusspunkt ihrer Erfahrungen sind zwei Cuvées: Die eine führt 80 Prozent Grenache und 20 Prozent Syrah zusammen, die anderer dagegen 80 Prozent Syrah und 20 Prozent Grenache. Zwei Weine, über die es noch zu berichten gilt.
Natürliche Nähe
Doch die nächste Station ruft bereits – eigentlich ein direkter Nachbar von Marianne Fues und ihrem Mann – was die verschlungene Fahrt durch die Weinberge, durch Dorf und über Landstraße nicht ahnen lässt. Wir bleiben zwar in neuen Appellation Visan, tauchen aber doch in eine andere Welt ein. In der Domaine Art Mas geht Xavier Combe ein anderen Weg, nämlich seinen eigenen und das in aller Konsequenz, die ihm seine Situation. Die Familie Combe bewirtschaftet schon lange die Weingärten und lieferte den Ertrag an die ortsansässige Kooperative ab.
Einen Teil der Lagen übernahm schließlich Xavier und seit 2010 setzt er alle seine Kraft darein, mit möglichst naturbelassenen Weingärten und geringst möglichen Einsatz von Schwefel und Kupfer außerordentliche Rotweine zu entwickeln. Um zu lernen, was seine Reben hergeben, setzt er zunächst auf Weine aus den immer gleichen Parzellen. So verstehe er, was seine Böden und Mikroklimata ausmachen.
Hier beginnt nun eine längere Geschichte, die sich auch nach dem Besuch des Château Clematis – über das wir in unten stehender Bildergalerie berichten – bei einem langen Abendessen in Nyons fortsetzt. Ungewöhnlich mag dies anmuten, aber es brauchte diese Zeit und die Muße des gemeinsamen Essen, um mehr über das Bestreben von Xavier Combe zu erfahren. Um so angenehmer, dass der Weinmacher aus Visan seine Freundin Sylvia Teste mitbrachte. Auch sie hat einen eigenen Weg eingeschlagen, indem sie den Appelationen an der Rhône den Rücken kehrte und nun in der versteckten Baronnies Drôme Provençale westlich von Nyons mit für diese Region untypischen Rebsorten neue Weine macht.
Doch wie gesagt, der Abend wurde sehr lang und so bitten wir zu entschuldigen, dass wir unseren Besuch des Château Clematis lediglich in der Bildergalerie festgehalten haben.
Tag 2: Hingabe hat viele Gesichter
Vier Weingüter haben wir heute besucht und vier unterschiedliche Philosophien des Weinmachens kennenlernt. Eine jede davon hat ihre Berechtigung, stellen sie doch allesamt den Versuch dar, die Besonderheiten der Lagen in markante, charakterstarke Weine zu übersetzen.
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