Zu Gast in der French Laundry!
Die French Laundry in Yountville: Drei Sterne für Thomas Keller
Mitten im kalifornischen Napa Valley liegt das verträumte Örtchen Yountville. Kaum jemand würde ahnen, dass hier eines der besten Restaurants der USA zuhause ist. Auch wenn Besitzer Thomas Keller mittlerweile mehrere Restaurants im ganzen Land besitzt, so ist die French Laundry sein kulinarisches Aushängeschild. Die Höchsbewertung des Guide Michelin mit 3 Sternen unterstreicht das dort herrschende Niveau. Den Weinlakai führte es im Rahmen eines privaten Urlaubes nach Kalifornien und so konnte ich es mir nicht entgehen lassen herauszufinden, ob dieser hochangesehene Kulinariktempel hält was er verspricht.
Um nach dem Restaurant-Besuch nicht mehr hinters Steuer zu müssen, übernachteten meine zwei Begleiter und ich vor Ort in einem wunderbaren Hotel, das seine Gäste in alten Zug-Wagons unterbringt. Von dort aus ist die French Laundry fußläufig erreichbar und wir machten zunächst mit dem eigenen Garten der French Laundry Bekanntschaft. Hier wird so viel wie möglich selbst angebaut und es finden sich etliche Gemüsesorten und ausgefallene Kräuterarten.
Im Folgenden möchte ich insbesondere Fotos sprechen lassen. Bei weiteren Fragen freue ich mich auf entsprechende Kommentare unterhalb des Artikels.
Man geht mit der Zeit: Die äußerst umfangreiche, 124-seitige Weinkarte auf einem iPad (kann hier nachgelesen werden)
Unsere Weinauswahl für den Abend: Von interessant über spannend bis dekadent:
Lecker, aber aromatisch nicht sonderlich komplex. Der Trüffel gibt hier den Ton an und überdeckt so die feinen Aromen der übrigen Zutaten.
Da ich weder großer Austern noch Kaviar-Fan bin, sicher nicht einer der besten Gänge für mich. Jedoch war die Kombination mit dem sehr trockenen und säurebetonten Champagner hervorragend.
Ein toller Gang: Auf der gereichten Schale befand sich eine mit Rauch gefüllte Glashaube. Daher war der geräucherte Eindruck sehr frisch und interessant. Und auch die Weinkombination funktionierte perfekt, denn der kalifornische Riesling (!) aus dem Jahr 1993 (!) war exzellent trinkbar und passte mit seiner Petrol-Aromatik fantastisch zu dem rauchigen Thunfisch.
Es ging wunderbar weiter. Die Schale war mit einer Eiercreme aus schwarzem und weißem Trüffel gefüllt und schmeckte himmlisch. Kenner wissen schon lange, dass sich Trüffel hervorragend mit Ei kombinieren lässt und auch hier funktionierte die Kombination eindrucksvoll gut. Die Überraschung: Es wurde kein Wein gereicht, sondern das „Blue Apron“ Ale der Brookly Brewery. Dieses dunkle Bier war eine gut Abwechslung und passte erstaunlich gut. Insbesondere da hier ein „säurefreies“ Getränk eine deutlich bessere Paarung herstellte.
Vielleicht mein Lieblingsgang. Es war sicher die beste Entenstopfleberpastete, die ich je gegessen habe. Solch ein zarter Schmelz in Kombination mit einem feinen, überhaupt nicht aufdringlichen, Lebergeschmack war sensationell. Das Zusammenspiel mit den süßen und sauren Komponenten funktionierte perfekt. Daher wäre hier auch der obligatorische Süßwein bzw. Sauternes überflüssig gewesen. Auch das warme Brioche der ortansässigen, ebenfalls zum Thomas-Keller-Imperium gehörenden, „Bouchon Bakery“ war traumhaft gelungen. Bei dem schieren an diesen Gang läuft mir noch jetzt das Wasser im Mund zusammen…
Auch wenn der Geschmack des weißen Fisches sehr stark von den Mandeln verdeckt wird, ist die Kombination mit dem Sauvignon Blanc ausgezeichnet. Dieser verbrachte etwas Zeit im Holz und genau diese Aromatik korrespondiert so gut mit den Nüssen. Zudem gibt die Frucht dieses vielschichtigen Weines dem Gang jede Menge zusätzliche Reize.
Der Hummerschwanz ist sehr stark mit Vanille aromatisiert. Das passt zwar besonders gut zu dem Chardonnay, doch bleiben von dem Hummergeschmack nur noch Anklänge übrig. Der Spinat bringt zwar einen überraschend gut funktionierenden Kontrast in diesen Gang, jedoch passt dieses Aromaprofil überhaupt nicht zu dem gereichten Chardonnay.
Falls bislang noch nicht genügend Dekadenz im Spiel war, nun geht es richtig los: Der legendäre Gaja von 1985 hat volle Trinkreife erreicht und macht dabei immer noch einen frischen und leichtfüßigen Eindruck. Mit dem unten stehenden „weißen Riesen“ bekam er einen nicht zu überbietenden Partner zur Seite gestellt.
Was hier in der edlen Holzschatulle präsentiert wurde, stammt aus der gleichen Gegend wie auch der Gaja, nämlich aus dem Piemont. Weißer Trüffel ist schweineteuer und insbesondere in dieser Größe ultrarar. Andächtiges Schweigen am Tisch.
Ja, da mag man eigentlich gar nicht hinsehen. „Food Porn“ in seiner schlimmsten Ausprägung. Trüffel-Risotto ist ein absoluter Klassiker. Aber hier ist er nicht nur besonders gut gemacht, sondern ist das Zusammenspiel mit dem Gaja atemberaubend. Einzeln haben wir es bereits mit außergewöhnlichem Genuss zu tun, aber erst die Kombination bringt das Ganze nochmals auf eine höhere Stufe. Der Wein bringt sich aromatisch sehr stark ein, lässt dem weißen Trüffel aber noch jede Menge Raum. Irgendwann schmeckt das Risotto nach Gaja und der Gaja nach Trüffel – Balance zwischen Essen und Wein, wie sie besser nicht gehen kann. Punkt.
Eine sehr japanische Version von Coqu a vin. Sehr intensiv und salzig am Gaumen. Für mich zwar spannend, aber irgendwie auch „over the top“, einfach zu wenig raffiniert. Ich denke insbesondere nach dem Trüffel-Risotto ein zu großer Kulturschock.
Der nächste Kultwein des Abends. Dieses Mal mit regionaler Herkunft und – verglichen mit dem Gaja – von völlig anderem Charakter. Aber dennoch nicht weniger aufregend. Was wie ein gereifter Bordeaux wirkt der Monte Bello und auch hier trifft die Essenbegleitung den kulinarischen Nagel auf den Kopf.
Auch das Rindfleisch hat einen sehr japanischen Anklang. Allerdings in diesem Fall sehr dezent und so kann das edle Rindfleisch seinen ganz Geschmack entfalten. Unwahrscheinlich saftig und intensiv kommt es daher und gibt mit dem Ridge eine perfekte Paarung ab. Aromatisch sicher nicht so deckungsgleich wie Gaja mit dem Trüffel, doch verandelt das Fleisch den Ridge in einen samtweichen Gaumenschmeichler.
Zu diesem Gang wird kein anderer Wein serviert, auch wenn der sehr strenge Käse förmlich nach einem Süßwein schrie. Da ich kein großer Fan von extremem „Stinkekäse“ bin, hatte ich ich zwar an den aromatischen Früchten Vergnügen, konnte der Kombination aber nur wenig abgewinnen.
Das Sorbet ist ein wunderbarer „palate cleanser“ und wirkt wunderbar erfrischend. Schön präsentiert und wirklich sehr zweckdienlich.
Bei dem Popcorn handelt es sich um eine Eiscreme, die einen deutlich salzigen Einschlag hat. Die Kombination mit dem weißen Trüffel funktioniert sehr gut und ist wirklich außergewöhnlich. Allerdings sind solche Experimente für mich zu diesem Zeitpunkt schon etwas „too much“.
Sehr leckeres Dessert mit tollem Karamel-Aroma und sehr schönem Haselnuss-Aroma. Nicht zu süß, nicht zu mächtig, sondern sehr fein und balanciert. Das Sorbet bringt noch eine willkommene Frische in die Komposition und erinnert aromatisch ein wenig an grüne Gurke. Insgesamt eine faszinierende Aroma-Komplexität.
Nach dem obligatorischen Espresso bleibt festzuhalten, dass der Abend in der French Laundry wirklich ein „Wow-Erlebnis“ war. Die Atmosphäre war absolut unaufgeregt und man fühlte sich von Anfang an wohl. Das Essen war außergewöhnlich gut und lässt sich mit Sterneküche in Deutschland bzw. Europa nur schwerlich vergleichen.
Die einzigen Schwäche war aus meiner Sicht, dass bei manchen Gängen die Hauptzutat aromatisch etwas zu kurz kam, da sie von mindestens einer anderen Komponente überdeckt wurde.
Ein eher selbst zugefügter Negativpunkt war, dass ich mir am Ende des Abends gewünscht hätte etwas weniger getrunken zu haben. Der Champagner zu Beginn wurde ohne Unterlass nachgeschenkt und auch die für uns geöffneten Flaschen Wein wollten wir mit keinem oder möglichst wenig Inhalt zurückgehen lassen. Bei dieser Anzahl von Weinen und mit nur drei Personen eine etwas zu große Herausforderung.
Eine Empfehlung ist die French Laundry wirklich wert. Wenn Sie eine Kalifornien-Reise planen, empfehle ich allerdings eine Reservierung mit ca. 6 Monaten Anlaufzeit. Und wer einmal in Las Vegas sein sollte, dem kann ich ebenfalls Thomas Kellers „Bistro Bouchon“ im spektakulärem Venetian Resort empfehlen. Ein perfekte Nachempfindung eines typisch französischen Bistros mit hervorragendes Küche.
So so, aber was hat es denn nun gekostet per Head?
Klingt sehr dekadent, aber auch seeeeeehr lecker! Ein schöner Bericht, bei dem einem das Wasser im Munde zusammenläuft – vielen Dank! Es gibt Dinge, die kann man sich ruhig einmal (oder zweimal) im Leben gönnen. Mit Vernunft, Preis-Leistungs-Verhältnis oder gar Sinnhaftigkeit kann man in so einem Moment einfach nicht argumentieren. Was für den Fußballfan das WM-Ticket, für den Briefmarkensammler die Blaue Mauritius ist, das ist halt für den Gourmet und Weinschmecker solch ein Abend…
Mich persönlich würde noch interessieren, an welcher Stelle der D’Oliveira Boal seinen Auftritt hatte und wie er Ihnen geschmeckt hat.
Und gleich daneben in Thomas Kellers 1 star Michelin Bouchon http://schiller-wine.blogspot.de/2012/02/steak-frites-at-thomas-kellers-1-star.html
@ Mike Wood
Nun, günstig ist so ein Besuch leider nicht. Insbesondere da bei uns die „Trüffel-Option“ den Menü-Preis in die Höhe getrieben hat. So wurden 420 USD pro Person veranschlagt. Letztenendes aber nicht teurer als in anderen 3-Sterne-Rstaurants. Bei den Weinen hängen die Kosten natürlich von den gewählten Tropfen ab. Hier waren wir an diesem Abend sehr großzügig und so überstiegen diese Kosten die des Menüs.
@ dr. roach
Ja, richtig, völlig vergessen! Aber zu diesem Zeitpunkt war ich leider nicht mehr aufnahmefähig genug, um diesen Madeira wirklich wertzuschätzen. Er war sehr, sehr gut, doch leider kann ich nicht mehr erinnern, ob die Kombination mit den Dessert besonders stimmig war.
9 Flaschen für 3 Leute – und die beinah komplett geleert? Da hatte jede(r) ca. 2 Promille. Definitiv zu viel, denn spätestens ab 1 Promille sind die Geschmacksnerven eh betäubt 🙂
Ich glaube auch nicht mehr an die Kombi Essen-Wein. Bis auf ein paar Grundsätze. Gegrillter/gebratener Fisch/Meeresfrüchte zu Chardonnay/Viognier/Veltliner Smaragd. Pochierter Fisch zu trockenem Riesling/Pinot Blanc. So etwa.
Gegrilltes Fleisch zu Roten aus dem Barrique wie Bordeaux, Napa, Toskana. Geflügel und Schmorgerichte Pinot Noir, Piemonteser.
Zu fruchtigen Deserts Riesling mit Restsüße oder Sauternes. Zu Schokolade Port, Madeira, Banyuls.
Schwierig ist immer, wenn auf dem Teller alles mögliche durcheinander geht. Wenn also Fleisch mit fruchtigen Noten vermischt wird oder asiatische Elemente einfließen, wird´s mit der Essen/Weinkombi sowieso schwierig.
Aber auch die Meinung von Parker hat was. Trink den Wein, den du magst. Und tatsächlich gibt es nach meiner Meinung nur ein paar Kombinationen, die wirklich sehr schwierig sind und das Essen und/oder der Wein leiden.
Also Champagner als Glas vorweg. 1 weißer, ein roter und 1 Desertwein. Das wäre meine Wahl gewesen. Unbedingt der 85er Gaja. Super Wein.
Viele Grüße, Jürgen
I’ll take all – in one serving on one plate, s’il vous plait.
This blog entry makes me darn hungry.