Große Gewächse 2009!
von Martin Zwick und Tobias Treppenhauer
Am 23. und 24. August präsentierte der VDP in gewohnt professioneller Manier die Grossen Gewächse 2009. Geladene Gäste in Wiesbaden waren eine Riege von nationalen und internationalen Wein-Journalisten. Eine Frage war an diesen Tagen besonders spannend: Würden sich die Vorschuss-Lorbeeren, die der Jahrgang erhalten hatte, als gerechtfertigt erweisen? Schließlich hatte der weitgehend optimale Vegetationsverlauf und ein traumhafter Altweibersommer Hoffnungen auf herausragende Weine genährt. Vorab-Fazit: 2009 ist ein gutes, aber kein überragendes Jahr!
Die wirklichen Stars des Jahrgangs kann man fast an einer Hand abzählen und in manchen Fällen sind sogar die 2008er vorzuziehen. Vielen Rieslingen aus 2009 fehlt es an mineralischer Tiefe, Präzision und Säure. Häufig präsentierten sie sich auch zu alkoholreich. Zu viele GGs, insbesondere aus dem Rheingau, waren schlichtweg einfältig bzw. belanglos und dürften streng genommen nicht als Grosses Gewächs auf den Markt kommen. Die Gewinner-Regionen sind für den Weinlakai die Nahe, die Mosel und Rheinhessen. Die herausragenden Vertreter dieser drei Regionen sind von einer strahlenden Frucht, tiefen Mineralität und einer großen inneren Balance geprägt.
Was war der Schlüssel zum Erfolg im Jahrgang 2009? Ein großer Faktor war sicher das Ausreizen der langen Vegetationsperiode. Allgemein gesprochen: Überall dort, wo Ende Oktober bzw. Anfang November noch Trauben hingen, wurden die Weine besonders gut, weil die Kühlschranktemperaturen ab der zweiten Oktoberhälfte die Aromen und Komplexität in den Weinen extrem förderten. In den Regionen, in denen die Trauben früher heranreiften, enstanden gute, teils sehr gute Weine, denen es aber an der letzten Tiefe mangelt. Denn die Rieslingtraube profitiert wie keine andere von einer langen Vegetationsperiode und kalten Herbstnächten; sie gewinnt an aromatischer Konzentration und bildet dieses unverwechselbare Spiel zwischen Finesse, Eleganz und einzigartiger Säurefrische. Eigenschaften, die die großen deutschen Rieslingweine zu weltweit einzigartigen Unikaten machen.
In Wiesbaden wurden aber nicht nur Rieslinge präsentiert. Es gibt auch Grosse Gewächse anderer weißer Rebsorten (Weißburgunder, Silvaner und Grauburgunder) und natürlich auch rote Vertreter. Allen voran Spätburgunder, aber auch Lemberger und Frühburgunder. Hier ist der aktuelle Jahrgang nicht 2009, sondern 2008, und einige Weingüter präsentierten auch 2007 als Neuerscheinungen.
2008 war kein einfaches Rotweinjahr, und die präsentierten Weinen machten sehr deutlich, welche Winzer ihr Handwerk wirklich verstehen. Allerdings waren die positiven Überraschungen wieder einmal die „üblichen Verdächtigen“, und insbesondere das Gros der Lemberger verdienen nicht annähernd die Titulierung als Grosse Gewächse. Mehr zu den verkosteten Rotweinen nach dem Bericht zu den Riesling-Regionen.
Riesling:
Nahe: Wie eigentlich jedes Jahr eine sichere Bank. Primus Inter Pares ist das Weingut Emrich-Schönleber mit einem grandiosen „Halenberg“, gefolgt von Schäfer-Fröhlichs „Felseneck“, dem Klassiker „Hermannshöhle“ von Dönnhoff und „last but not least“ der „Felsenberg“ von Dr. Crusius.
Mosel: Eine ungemein positive Überraschung in diesem Jahr war diese Region. Wunderbar frische, finessenreiche und feingliedrige GGs. Schließlich haben diverse Weingüter zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein Grosses Gewächs produziert. Besonders empfehlenswert Dr. Loosens „Prälat“, Schloss Liesers „Juffer-Sonnenuhr“, Reinhold Haarts „Goldtröpfchen“, Heymann-Löwensteins „Laubach“ und Van Volxems „Pergensknopp“. Chapeau!
Rheinhessen: Vom guten Durchschnitt bis zum großen Stoff ist alles dabei. Ganz großartig waren Wittmann mit dem „Kirchspiel“, auch Kellers „Kirchspiel“ und der neue Shooting-Star Hans-Oliver Spanier mit einem beeindruckenden „Pettenthal“ von Kühling-Gillot bzw. einem famosen „Frauenberg“ von Battenfeld-Spanier.
Pfalz: Zum Teil richtig gute Weine, aber selten „groß“. Die mineralische Tiefe fehlt einfach. Man merkt, dass bis Mitte Oktober fast alles geerntet wurde. Toller Stoff ist allerdings Bürklin-Wolfs „Kirchenstück“. Sehr gut auch der „Kastanienbusch“ von Ökonomierat Rebholz und „Idig“ von A. Christmann. Eine positive Überraschung waren zudem der „Sonnenberg“ von Friedrich Becker und auch der „Steinbuckel“ von Knipser.
Rheingau: Insgesamt gesehen leider enttäuschend. Die Region hat wohl schon recht früh mit Botrytis zu tun gehabt und somit war es kein Leichtes in diesem Jahrgang. Empfehlenswert ist aber Schloss Johannisbergs „Silberlack“ und auch der „Gräfenberg“ von Robert Weil. Die Weine von Breuer, Kühn und Leitz standen bei der Verkostung leider nicht zur Verfügung.
Franken: Ganz nett, mehr aber auch nicht. Atemberaubend gut hingegen war der Silvaner „Julius-Echter-Berg“ von Hans Wirsching, und auch sein Riesling aus der selben Lage konnte überzeugen.
Rotweine:
Frühburgunder: Zwei Weine dieser Spätburgunder-Mutation wurden als Grosses Gewächs vorgestellt, beide von der Ahr (nur hier gibt es die als GG klassifizierte Frühburgunder). Der „Pfarrwingert“ von Meyer-Näkel und der „Hardtberg“ von Kreuzberg. Beide Weine sind recht holzdominiert an der Nase, bieten am Gaumen aber eine durchaus schöne Frische und Frucht. Der „Hardtberg“ hat insgesamt mehr überzeugt, aber beide Weine sind wenig komplex, zeigen keine Größe.
Lemberger: Die vorgestellten Weine aus Württemberg haben auf ganzer Linie enttäuscht. Der Einsatz von (neuem) Holz ist in fast allen Weinen derart erschlagend, dass keinerlei Rebsortentypizität erkennbar ist. Der einzige Wein, der nicht vollständig vom Holz lahm gelegt wird, ist der „Lämmler“ von Schnaitmann. Aber selbst hier ist der Holzeinsatz grenzwertig. Wenn sich deutscher Rotwein international weiter behaupten möchte, sollte dieses Line-Up auf keinen Fall als Grosse Gewächse klassifiziert sein.
Spätburgunder: Die Königsdisziplin des deutschen Rotweins. Wie eingangs schon geschildert, musste 2008 sehr gut gearbeitet werden, um überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. Gelungen ist das – wenig überraschend – besonders in der Pfalz und in Baden. Allen voran haben einmal wieder Friedrich Becker und Bernhard Huber bewiesen, dass sie die Stars des deutschen Spätburgunders sind. Beckers „Kammerberg“ und „Sankt Paul“ präsentieren sich zwar noch sehr jung, doch sind beide Weine von großer Eleganz und Kraft mit noch gut versteckter Komplexität, die in den nächsten Jahren sicher mehr zum Vorschein kommen wird. Der „Kammerberg“ gefällt derzeit etwas besser, da sein Holz besser eingebunden scheint. Von der Pfalz überzeugen zudem die beiden 2007er von Knipser. Sowohl der „Kirschgarten“ als auch der „Burgweg“ bieten eine beeindruckende Nase mit gut eingebundenem Holz und einem Gaumen, der bereits schöne Tiefe und guten Druck aufweist. 2007 war allerdings auch der deutlich dankbarere Jahrgang. Bei Huber aus Baden bietet der 2008er „Schlossberg“ das beste Gesamtpaket. Tolle Intensität an der Nase, schon deutlich offener als Becker und eine wunderbare Geradlinigkeit am Gaumen, die in einem sehr langen Abgang mündet. In anderen Regionen gibt es aber auch gute Spätburgunder: Der fränkische „Schloßberg“ von Fürst ist eine Empfehlung wert und auch von der Ahr hat sowohl die „Gärkammer“ von Adeneuer gefallen als auch der „Sonnenberg“ von Stodden.
Noch ein Wort zu der Veranstaltung selbst: Bei dieser Verkostung in Wiesbaden erhält man die großartige Möglichkeit, an einem Ort fast alle beachtenswerte Weine Deutschlands verkosten zu können. Das alles in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre mit vorbildlicher Organisation. Die Vertreter des VDP waren sehr engagiert bei der Sache, und die Service-Kräfte versorgten jeden Gast in kürzester Zeit mit den richtigen Weinen. Vielen Dank dafür!
Sehr geehrte Herren,
Danke fuer Ihren informativen Bericht. Wie haben Ihnen die 09 „GG’s“ von Weingut Kruger-Rumpf gefallen? Ich bin ein Fan von diesem Weingut aus der Nahe Region und wuerde mich freuen Ihre Meinung zu hoeren.
Mit bestem Dank,
Martin
Martin,
die Kruger-Rumpf Weine habe ich leider nicht probiert. Bei 375 Weinen rutschen immer mal ein paar Weine durch.
Grüße,
Martin Zwick
Habe auch mal meine Unterlagen geprüft: Kruger-Rumpf hatte ich leider auch nicht Glas. Sorry, beim nächsten Mal denken wir dran 🙂