Daniel Boulud und Château Haut Brion!
Im Rahmen des diesjährigen Rheingau Gourmet & Wine Festivals gab es den amerikanischen Starkoch mit französischen Wurzeln, Daniel Boulud, gleich mehrfach zu erleben: bei einem Dinner mit Weinen von Haut-Brion, bei einer „Cooking Demo“ und bei einem Lunch am darauf folgenden Tag. In diesem Jahr wurde sein New Yorker Restaurant „Daniel“ mit dem dritten Michelin-Stern ausgezeichnet. Da es sich, nach eigener Auskunft, von einem einzelnen Restaurant nicht leben lässt, ist Daniel Boulud durchaus geschäftstüchtig. Neben zahlreichen Kochbüchern und einer eigenen Fernsehsendung betreibt er in New York vier weitere Gastro-Tempel (Bar Boulud, Café Boulud, DB Bistro Moderne, DBGB) und ist auch in Las Vegas, Vancouver, Palm Beach, Miami und Schanghai vertreten. Gegen Mitte des Jahres eröffnet sein
erstes Restaurant in Europa, genauer gesagt in London. Wer noch nie im Rheingau war, wird sicher bereits von der Location des Festivals begeistert sein. Das Hotel Kronenschlösschen liegt in Hattenheim und nur die Bundesstraße 42 trennt es vom Rheinufer. Die Fahrt zum Kloster Eberbach dauert von hier gut 5 Minuten.
Für seinen Auftritt auf dem Festival reiste Daniel Boulud mit einer ganzen Küchen-Crew an und da ihm das Thema Wein sehr am Herzen liegt, musste für das große Dinner natürlich eine standesgemäße Begleitung her. Nicht nur ist Daniel Boulud ein Freund von Robert Parker, er kennt auch viele internationale Winzer und so konnte für den Abend ein ganz besonderes Weingut gewonnen werden: Château Haut-Brion. Wobei das nicht ganz präzise ausgedrückt ist, denn es handelte sich viel mehr um die Domaine Clarence Dillon. Diese ist nämlich Eigentümerin von Haut Brion und La Mission Haut-Brion. So gab es an diesem Abend sowohl Rot- als auch Weißweine dieser beiden Châteaus. Insbesondere Letztere sind wahre Raritäten und für den Weinlakai war es das erste Mal diese im Glas zu haben.
Für süße Weißweine war an dem Abend kein geringerer als Wilhelm Weil vom Weingut Robert Weil zuständig. Eine hervorragende Wahl!
Noch fasziniert von dem Abend, der vor mir lag, vergaß ich prompt den ersten Gang des Essens fotografisch festzuhalten. Die Beschreibung macht allerdings bereits deutlich, dass es sich hierbei in der Tat um ein Mosaik handelte.
Mosaik von Kapaun, Gänseleber und Selleriewurzel, eingelegter Daikon, Feldsalat von der Satur Farm, Birnenconfit: Die Zutaten waren in eine visuell wunderschön präsentierten Aspik-Scheibe gehüllt. Geschmacklich dominierte die Gänseleber. Vielleicht sogar ein bisschen zu sehr. Den feinen Geschmack von Kapaun konnte man nicht mehr recht aufspüren. Alles in allem aber sowohl optisch als auch geschmacklich auf hohem Niveau.
Dazu gab es passenderweise einen Wein mit Restsüße.
Wein 1: 1997 Robert Weil Kiedricher Gräfenberg Riesling Spätlese:
Zeigt eine wunderbare Balance zwischen Säure und Süße. Wirkt überhaupt nicht aufgringlich und verzaubert duch seine aromatische Frucht. Der Wein passt hervorragend zum Essen. Insbesondere der Geschmack der Gänseleber harmoniert fantastisch.
Wein 2: 2006 Château Laville Haut-Brion Blanc:
85% Sémillon, 15% Sauvignon Blanc. Gesamtproduktion nur 500 Kisten pro Jahrgang. In der Nase Präsenz von neuem Holz, aber in Kombination mit einer unglaublichen Frische. Der Sauvignon ist durch Stachelbeer- und Zitronengrasnoten deutlich präsent. Am Gaumen ist der Wein ein wahres Kraftpaket, das nach Essensbegleitung förmlich schreit. Im Abgang etwas bitter und sehr lang. Ohne Essen kaum zu ertragen, aber in Kombination mit den Langustine und dem rustikalen Schweinebauch ist der Wein hervorragend.
Wein 3: 2005 Château Haut-Brion Blanc:
35% Sémillon, 65% Sauvignon Blanc. In der Nase dem Laville nicht unähnlich, aber mit weniger Frische. Deutlich dumpfer, würziger und rauchiger an der Nase. Am Gaumen noch länger und mit einer feinen, spitzen Säure. Er ist im direkten Vergleich noch mehr Essenswein. Es wäre hochspannend diese Weine über die nächsten Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zu beobachten. Ein wahrlich großer Weißweingenuss.
Wein 4: 1999 Château La Mission Haut-Brion:
In der Nase eine wunderbar klare, frische Kirschfrucht mit Anklängen von Mineralität. Wenig Spuren der klassischen „Spice-Box“ Bordeaux-Stilistik. Am Gaumen eine sehr schöne Balance und Komplexität, gepaart mit einer guten, aber nicht sehr überraschenden Länge. Sehr fein, sehr feminin, tolle Eleganz.
Wein 5: 1996 Château Haut-Brion:
Hier ist die Nase ganz klassisch Bordeaux. Pfeifenrauch, Zedernholz, Gewürze und schwarze Johannisbeeren. Am Gaumen schwarzer Tee, Zigarrenduft, aber insgesamt noch sehr primär bzw. jugendlich. Eine Tiefe Komplexität lässt sich erahnen, aber befindet sich derzeit noch im Verborgenen. Männlicher und länger als der La Mission. Dass der Wein drei Jahre älter ist, lässt sich nicht erkennen – im Gegenteil. Insgesamt der größere Wein.
Wein 6: 1990 Château La Mission Haut-Brion:
Wieder eine typische Bordeaux-Nase, allerdings frischer als der 85er Haut-Brion. Am Gaumen Aromen von Kaffee, Kardamom. Hervorragende Balance in Kombination mit einem nicht endenden Abgang. Im Gesamteindruck noch durchaus jugendlich, aber eben mit dieser schönen Eleganz. Für mich der Wein des Abends. Er ist zudem ein feiner und zurückhaltender Essensbegleiter. Seine Aromatik unterstützt das Essen und wirkt dabei nicht dominant.
Wein 7: 1985 Château Haut-Brion:
Am Gaumen wieder typisch Bordeaux, aber auch etwas marmeladig und dumpf. Am Gaumen wunderbar komplex, etwas medizinisch mit fester Säure und sehr guter Länge. Für einen Wein dieses Alters auch noch recht jugendlich, aber (noch?) nicht mit der Balance des La Mission ausgestattet. Besäße ich den Wein, würde ich ihn erst wieder in 5 Jahren probieren.
Wein 8: 2001 Robert Weil Kiedricher Gräfenberg Riesling Beerenauslese Goldkapsel:
Wurde zum ersten Dessert serviert. Schon recht dunkles Gold. Recht dumpf wirkende Riesling-Nase mit einem Eindruck von schwarzem Tee. Anklänge von Botrytis (!?), leichtes Aroma von Altöl/Petrol. Am Gaumen sehr viskos mit einer Spur zu wenig Säure, um eine gute Balance zu gewährleisten. Sehr gut, aber nicht überragend.
Tags darauf gab es dann eine „Cooking Demo“. Im Rahmen dieser Demonstration zeigte Daniel Boulud die Zubereitung der beim Lunch folgenden Taubenbrust mit Vadouvan-Gewürzen.
Der folgende Lunch wurde gemeinsam mit Patrick Kimpel aus dem Kronenschlösschen präsentiert. Das Essen hat mir insgesamt mindestens genau so gut gefallen, wie das des Vorabends. Allerdings möchte ich in meinem Bericht die Weinauswahl für den Lunch getrost unter den Tisch fallen lassen. Sie war qualitativ nicht spektakulär und passte größtenteils nicht zu den Essensgängen. Einen trockenen Riesling zu herrlich in Rotwein (!) geschmorten Short Ribs zu servieren macht auch mit viel Fantasie keinen Sinn. Es wurde seitens des Veranstalters wohl eher den zwei vertretenen Weingütern die Chance gegeben ihre Weine einem interessanten Publikum zu präsentieren. Schade, denn ein gelungenes Wine-/Food-Pairing hätte das Essen noch aufgewertet.
Daniel Boulud hat an diesen zwei Tagen bewiesen, dass er das Verschmelzen von französischer und amerikansicher Küche in Perfektion beherrscht. Mit anderen Worten: er schafft es französische Küche in einer Version zu kreieren, die einem großen Publikum zusagt. Un dies ist in keinster Weise negativ zu verstehen.
Ich kann nicht eindringlich genug betonen, welche hohe Klasse von Veranstaltung mit dem Rheingau Gourmet & Wein Festival in Deutschland existiert. Eine ähnlich reichhaltige und niveauvolle Versammlung von Spitzenköchen und -weingütern gibt es meines Wissens nach nicht noch einmal auf der Welt.
Ich kann nur jedem raten, die Ankündigung des Festivals für 2011 zu verfolgen, um sich Plätze für besonders heiß umgekämpfte Veranstaltungen zu ergattern.
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TexsUrgo