Mamma Mia, was für ein Roter!

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2008 Di Majo Norante Ramitello (Rotwein, Italien)

Heutige Empfehlung wird sicherstellen, dass ich bei meinen Lesern aufgrund der langen Unterbrechung nicht gänzlich in Ungnade falle. Ja, der Wein hat tatsächlich 92 Parker-Punkte. Ja, er kostet wirklich nur 7,50 EUR und ja, dieser Italiener ist unglaublich gut. Er ist nicht der erste Wein, den ich vom Weingut Di Majo Norante empfehle. Bereits der Terre degli Osci war ein Preis-Leistungskracher. Zudem hatte ich den Süßwein des Hauses mit auf der letzten Weinlakai-Verkostungstour. Der Ramitello setzt nun in Sachen „Hochgenuss zum Tiefstpreis“ neue Maßstäbe. Preislich zwar ein Alltagswein, doch zeigt er neben einer tollen Frucht auch Größe und Komplexität. Ich behalte meinen Blutdruck im Auge und werde mich nicht zu historischen Superlativen aufschwingen, doch wer diesen Wein nicht kauft ist selbst schuld. Nicht zuletzt, da er bei vielen deutschen Weinhändlern mehr als 10 EUR kostet. Und „by the way“: Es ist purer Zufall, dass der Wein bei dem Händler der letzten Empfehlung wieder am günstigsten zu haben ist. Nach wie vor gibt es beim Weinlakai keine Absprachen mit Händlern.

Eigentlich wollte ich heute einen ganz anderen Wein empfehlen. Dann aber kam mir dieser süditalienische Rotwein aus Molise in die Quere. Aufgrund der vergleichsweise geringen Verfügbarkeit musste ich schnell handeln und ihn im Sinne meiner Leser vorziehen.

Der „Ramitello“ stammt aus einer Weingegend, die international sehr wenig Aufmerksamkeit genießt. Molise ist eine sehr kleine und dünn besiedelte Region im Süden Italiens und es wird hier auf lediglich 9.500 Hektar Wein angebaut. Zm Vergleich: in der Toskana sind es 62.500 Hektar. Die Produzenten sind zum großen Teil Winzergenossenschaften, die vergleichsweise einfache Weine in die Flaschen füllen.

Das privatgeführte Weingut Di Majo Norante produziert mit Abstand die besten Weine der Region und vertreibt vier Weine unter der wenig prestigeträchtigen Klassifizierung IGT (Landwein). Die acht übrigen Weine werden mit einer DOC-Klassifizierung vermarktet. Diese gibt es für nur drei Zonen in Molise (Biferno, Del Molise, Pentro di Isernia) und die Gesamtproduktion macht lediglich fünf Prozent aller in Molise vinifizierten Weine aus.

In dem aus der DOC Biferno stammenden Ramitello kommen daher nur Rebsorten zum Einsatz, die der Klassifizierung entsprechen. Zum einen Montepulciano (80%), bekannt durch den gleichnamigen Ort in der Toskana und den schönen Rotfrucht-Aromen. Zum anderen Aglianico (20%), eine sehr „katholische“ Rebsorte mit robusten Tanninen und Aromen von Rauch, Teer und Tabak.

Der durch diesen Verschnitt entstandene Charakter macht den Wein aus meiner Sicht zu etwas ganz Besonderem. Der Montepulciano sorgt für eine einladende und süffige Frucht und der Aglianico sorgt für eine interessante und vielschichtige Aromakomplexität. Dass der Wein von letzterer Rebsorte nur 20% enthält ist aus zweierlei Hinsicht gut: 1. Bei den derzeitigen Temperaturen wäre ein höherer Anteil zu schwer, zu anstrengend. 2. Der Wein würde kein sonderlich großes Publikum ansprechen, denn meiner Erfahrung nach wäre er mit seinen geräucherten Aromen und zupackenden Tanninen ein wahrer Frauenschreck.

Der Ramitello ist für mich daher ein absoluter Unisex-Wein, zumindest wenn eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber kraftvollen Weinen besteht. Davon abgesehen ist diese geschlechtsspezifische Zuordnung sowieso recht klischeehaft. Mir geht es lediglich um eine möglichst gute Charakterisierung des Weines. D.h. auch Frauen und Protestanten mögen diesen Wein bitte bestellen 😉

Die Reben der heutigen Empfehlung wachsen auf maximal 100 Höhenmetern und wurzeln in lehmhaltigem, gut Wasser speicherndem Boden. Der Most des Weines wird inklusive der Schalen in Edelstahltanks für einen Monat lang „ziehen“ gelassen (Mazeration). Ein gängiger Prozess für viele Rot- aber auch Weißweine, um die Konzentration und Aromafülle der Weine zu steigern

Ausgebaut wurde der Wein nur zum Teil in Holz und hat dadurch lediglich eine dezente Eichennote. Gut so, denn die Aglianico-Traube liefert bereits Aromen, die man leicht als Holznoten deuten könnte. So hätte ein stärkerer Holzeinfluss dafür gesorgt, dass der Wein einfach „too much“ ist bzw. eine Balance mit den übrigen Komponenten (Alkohol, Säure und Tannin) unmöglich gewesen wäre.

Auch wenn die kommenden zwei Empfehlungen ebenfalls sehr, sehr gut sind, sollte jeder Leser versuchen ein paar Flaschen des Ramitellos abzubekommen. Der empfohlene Händler klärt zwar derzeit noch, wie es um Nachschub bestellt ist, doch würde ich trotzdem raten möglichst schnell zu reagieren.

In diesem Zusammenhang möchte ich – wie schon so häufig – betonen, dass ein kräftiger Rotwein wie der Ramitello vor dem Genuss unbedingt etwas gekühlt werden sollte. Dazu die Flasche einfach mindestens 20 Minuten vor Genuss in den Kühlschrank stellen. Ein zu kühler Rotwein ist im Sommer nie ein Problem, denn er wärmt im Glas rasch auf. Ich persönlich verwahre geöffnete Rotweine  in den Sommermonaten grundsätzlich im Kühlschrank.

2008 Di Majo Norante Ramitello (Rotwein, Italien)

Auge: Sattes Rubinrot.

Nase: Klar, frisch und vielschichtig mit Aromen von Kirsche und Pflaumen.

Gaumen: Vollmundig und lang mit Aromen von Rauch, Teer, Menthol, und Lakritz im Abgang.

Sonstiges: Besteht aus 80% Montepulciano and 20% Aglianico. Bis 2013 zu trinken.

92 Punkte

(Quelle: Wine Advocate, Antonio Galloni, August 2010)

Meine Einkaufsempfehlung:

Weinhaus Scholzen (ca. 1.800 Flaschen auf Lager, auch als Magnum erhältlich)

7,50 EUR/Fl. (Versandkosten 6,- EUR)

Hier klicken!

Stand: 27.06.2011

Der Weinlakai übernimmt keine Verantwortung für die angegebenen Händler.

17 Kommentare

  1. Moin Capitano,

    der Sangiovese aus dem Haus war schon toll, deswegen habe ich mal flux geordert.
    Es ist schön, wieder etwas von Ihnen zu hören.

    Schöner Gruß

  2. Sehr geehrter Herr Treppenhauer,

    Ihre Weinempfehlungen verfolge ich mit großem Interesse; eine Reihe sehr köstlicher Hinweise habe ich Ihnen zu verdanken, zumal auf italienische Rote, die ich erst nach und nach entdecke…

    Den besprochenen Ramitello bewerten Sie ganz hervorragend. Auf betterwine.de (Kommentar vom 20.06.11) wird dieser Wein jedoch verrissen. Solche gewissermaßen gegensätzlichen Einschätzungen sind sehr selten; meist setzen Weinkommentatoren/Innen verschiedene Akzente, die die jeweiligen persönlichen Präferenzen zu Tage treten lassen. Insoweit geht es allerdings um Nuancen, über die man nachsinnen und anhand der eigenen Vorlieben einordnen kann.

    Eine Ursache für die so weit auseinandergehenden Bewertungen könnte die Trinktemparatur sein. Nicht selten ist es, dass Rote zu warm getrunken allein nach Alkohol und billiger Vanille mit Würzunterlage riechen und schmecken. Im Text machen Sie ja bereits eine Bemerkung zur Trinktemparatur. Meine Anregung ist – den Wein habe ich zwar bestellt, aber noch nicht Zuhause – zu überlegen, ob ein gesonderter Hinweis auf den idealen Temparaturbereich Verkostungsmissverständnisse minimieren könnte.

    Bste Grüße.

  3. @ Toddi

    Wein ist natürlich immer Geschmackssache. Meiner Empfindung nach hat der Wein zwar eine Holznote, diese ist aber sehr gut eingebunden. Von einem zu starken Vanilleton kann ich nicht berichten. Ich mag persönlich auch keine zu „vanilligen“ Weine, denn es ist immer ein Merkmal von zu massivem Holzeinsatz.

    Jedoch kenne ich sehr viele Weine, die eine Vanillenote besitzen und hervorragend sind. Die Toleranz für dieses Aroma ist hoch subjektiv.

    Natürlich kann ich persönlich nicht nachvollziehen, wie man den Wein als ungenießbar bezeichnen kann. Die Beschreibung auf betterwine passt zu einigen Weinen, die ich schon getrunken habe, aber aus meiner Sicht nicht zum Ramitello.
    Aber wie gesagt: De gustibus non est disputandum.

    Dass die unterschiedliche Sichtweise an der Weintemperatur gelegen hat wage ich zu bezweifeln. Ich denke man kann voraussetzen, dass auch Betreiber von Amateur-Weinblogs wissen, dass man Rotweine nicht über 18 Grad Celsius verkosten sollte.

    Würde mich freuen, wenn nach erfolgreicher Verkostung noch Stimmen meiner Leser folgen.

    Cheers
    Der Weinlakai

  4. N‘ Abend,

    heute morgen habe ich noch Fragen aufgeworfen und heute Abend war der Wein bereits geliefert. Ich hab‘ ihn 2 Std. im Kühlschrank „gelagert“ und dann bei schwüler Hitze verkostet.

    Ein Klassewein!! Saftig, vielschichtig, mit rauchigen Noten und einem Schuss von Bitterem, was ihn tänzelnder macht. Das bedeutet aber auch, dass er nicht primär den von Parker häufig gut bewerteten „süsslichen“ Einschlag hat. Er „klebt“ überhaupt nicht, d.h. der Fassausbau übertüncht nicht die die ureigenen Fruchtvarianten der Rebsorten. Zarte Andeutung von Lakritz. Köstllich! Die Vielschichtigkeit ist auch im Abgang zu erleben. Lange, lange kann man nachsprüen und die Veränderungen von erst kräftigeren Aromen bis hin zu samtigeren deutlich schmecken.

    Bei einer Blindverkostung hätte ich den Wein ins Bordeaux – Medoc – verlegt, da ich voller Überzeugung von Cabernet-Sauvignon und Petit Verdot ausgegangen wäre – allerdings mit der Irritation, dass mir der Wechsel von Schärfe zu Samtigkeit mit köstlichen Bitteraromen so noch nicht untergekommen ist. Damit signalisiere ich aber nicht, dass ich Bordeauxweine ausnahmslos für eine besonders gute Klasse halte! Mit geht es hier um die Geschmacksrichtung.

    Die von mir herangezogene „Rezension“ auf „betterwine.de“ ist nicht einmal nachvollziehbar, da schon das Vanillearoma in keinem Stadium wirklich identifizierbar ist. Gleichwohl möchte ich hier bekräftigen, dass der Wein eher so zwischen 14 und 16° als zwischen 16 und 18° seine ganze Schönheit preis gibt.

    Resümee: Egal, ob dieser Wein geschmacklich den eigenen Vorlieben entspricht – für den Preis lohnt es sich, das Wagnis einzugehen, etwas Ungewöhnliches im Keller zu haben.

    Danke für diesen Tipp!!

    Beste Grüße

  5. @ Toddi

    Danke für die treffende Beschreibung. Die Parallele zu Bordeaux kann ich bestens nachvollziehen.

    Danke nochmals und Cheers
    Der Weinlakai

  6. Und wer den Wein für 7,45€ bekommen möchte – und das ab 12 Flaschen versandkostenfrei -, sollte sich mal http://www.ronaldi.de ansehen. Eine Webseite, die ich regelmäßig zu Rate ziehe, wenn ich gute italiensche Weine zu unschlagbaren Preisen suche. @ Herr Schulz, vielleicht ist dieser Hinweis bei meiner nächsten Bestellung einen kleinen Rabatt wert 😉

    Viel Spaß mit dem Wein
    Peter

  7. Die Rebsorte Montepulciano sowie der Ort Montepulciano haben gar nichts mit einander zu tun. Daher ist die Rebsorte auch nicht daher bekannt.
    Der in Montepulciano erzeugte Vino Nobile de Montepulciano wird ausschließlcih aus einem Sangiovese Grossoklon erzeugt. Die Rebsorte MOntepuliciano wird dort weder angebaut noch stammt sie daher. Die Rebsorte stammt aus den Abruzzen und ist dort und weiter südlich, also auch in Moilise mit die häufigste Rebsorte.
    DIe Namensidentität ist reiner Zufall.

  8. Überdies der meines Erachtens noch bessere Wein von Di Majo Norante in diesem Preissegment ist die Contado Riserva 2007 aus 100% Agilianico. In dieser Preisklasse fast jedes Jahr unschlagbar und auch gut lagerfähig. Auch bei Ronaldi zu bekommen.

  9. Die Schnellsten sind sie aber nicht beim Weinhaus Scholzen. Ich habe vor anderhalb Wochen bestellt und außer der Nachricht, dass die Bestellung eingegangen ist, nichts mehr gehört oder gesehen…

  10. Hallo Radebrecht,

    ich habe meine Ware zwar auch noch nicht, aber bei meinen letzten Bestellungen ist, auch wenn es mal wieder länger dauert:) immer alles angekommen.
    Also gedulde Dich ein wenig, Du wartest nicht alleine * lächel.

    Schöner Gruß
    Werner

  11. Ich muss ein klein wenig Abbitte leisten. Tatsächlich ist das Paket heute eingetroffen, was ich heute Morgen aber noch nicht wissen konnte.

  12. Habe den Wein am Freitag erhalten und muss gestehen das ich tatsächlich schon zwei Flaschen genossen habe .
    Der Ramitello hat sehr schöne rauchige Noten und ein wunderbares leichtes fruchspiel roter Früchte,ein wunderbarer Roter für diese Jahreszeit.
    Wie immer Herr Treppenhauer eine super Empfehlung .
    Und für die ganzen guten Empfehlungen sage ich mal danke.

    Oliver Hauck

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